Jesus an der Himmelspforte
Nach jahrhundertelangem Dienst an der Himmelspforte hat Petrus
ein wenig zuviel Zug abgekriegt und sich einen Schnupfen auf-
gesackt. Um das Leiden möglichst schnell und effektiv auszu-
kurieren bittet Petrus seinen ranghöheren Kollegen Jesus, ihn
doch für einige Zeit als Pförtner zu vertreten. Jesus, schon
durch seine Lehre zur Hilfsbereitschaft verpflichtet, begibt
sich ohne Murren zum Himmelstor und beginnt, mit dem nicht
gerade unanstrengenden Dienst.
Schon bald entdeckt er ein uraltes, verhunzeltes Männchen vor
dem Himmelseingang, wie es da immer auf und ab geht und suchend
die Neuzugänge mustert. Die ersten beide Tage läßt sich Jesus
von dem sonderlichen Alten nicht beeindrucken. Doch dann beginnt
ihn der Greis zu stören. Jesus tritt also vor die Himmelstür
und spricht:
- "He, alter Mann, wohin soll dich dein Weg führen, wenn du
hier tagein, tagaus vor dem Himmelstor herumlungerst?
Entscheide dich. Entweder kommst du jetzt herein, oder du
trollst dich."
Mit zittriger Stimme antwortet der Alte:
- "Vergib mir meine Aufdringlichkeit, gnädiger Herr. Ich bin
gekommen, um meinen Sohn zu suchen, habt ihr ihn nicht zu-
fällig gesehen?"
Um seine Frage zu konkretisieren, gibt der Alte Jesus gegenüber
eine Personenbeschreibung seines Sohnes ab:
- "Seine besonderen Kennzeichen sind - ach ja, er hat in der
linken Hand ein Loch und in der rechten Hand ein Loch und im
linken Fuß hat er ein Loch und im rechten auch..."
Jesus schwinden die Sinne, Tränen verschleiern seinen Blick.
Er umarmt den alten Mann und flüstert immer wieder:
- "Papa, Papa..."
Da umarmt ihn auch der Alte und ruft überglücklich:
- "Pinoccio, Pinoccio..."
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